Innovation I: Alexa, Siri und Co. - Fluch oder Segen?

Martin steht frühmorgens auf und geht Richtung Wohnzimmer. Hier steht ein kleiner Zylinder auf der TV-Kommode. „Alexa, schalte die Kaffeemaschine ein!“, sagt Martin zu diesem kleinen Zylinder und geht weiter Richtung Bad. Während er sich die Zähne putzt, hat die Kaffeemaschine Zeit zum Aufheizen und ist einsatzbereit, wenn Martin vom Bad in die Küche zum Frühstück kommt. Dieser Zylinder wird von Amazon vertrieben und wird Amazon Echo genannt. Er ist ein intelligenter Lautsprecher mit der Sprachsteuerung Alexa.

Andrea und Julia wollen am nächsten Tag zum Traunsee Schwimmen fahren. Beide wissen jedoch nicht, wie das Wetter wird. Andrea greift zu ihrem iPhone-Handy und fragt es: „Siri, wie wird das Wetter morgen in Gmunden?“ Siri, das Sprachsteuerungs-System des Handyherstellers Apple, antwortet sofort: „Morgen wird es in Gmunden sonnig bei 25 Grad Celsius.“ Am nächsten Morgen fahren die beiden in der Früh los. Julia, die Fahrerin, sagt zu ihrem Android-Handy: „OK Google, navigiere zum Strandbad Gmunden“, und wird sodann über ihr Smartphone gekonnt und staufrei nach Gmunden gelotst. Ab ins Wasser!

Knight Rider und iPhones

Beide Geschichten sind kleine Ausschnitte aus unserem Alltag, worin uns technische Innovationen behilflich sein können. Sprachsteuerungen sind per se nichts Neues, waren sie doch lange genug Teil von futuristischen Filmen oder Serien wie etwa Knight Rider. Dass sie nun aber fixer Bestandteil unseres Alltages sein können, schien vor einem Jahrzehnt noch unfassbar. 2007, also vor elf Jahren, wurde gerade das erste iPhone-Handy vorgestellt - die damaligen Möglichkeiten dieses Handys waren im Vergleich zu heute sehr beschränkt. Seit der ersten iPhone-Vorstellung hat sich nicht nur unsere Gesellschaft an Smartphones dieser Art gewöhnt, wir haben wohlwollend weitere praktische Innovationen in unsere eigenen vier Wände gelassen. Wir können heute in einem Haus leben, in dem wir sämtliche elektronischen Geräte über ein Tablett steuern können oder, wie etwa bei Alexa, über die Sprache. Wir können dabei im Urlaub tausende Kilometer entfernt erkennen, ob die Heizung zuhause korrekt läuft oder ob die Alarmanlage aktiv ist.

Diese technischen Errungenschaften sind jedoch Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite haben uns diese Innovationen den Alltag erleichtert. Auf der anderen Seite haben die Unternehmen, welche diese Produkte vertreiben, eine noch bessere Möglichkeit, uns „kennenzulernen“ - sprich Daten zu sammeln und Angebote noch zielgerichteter an uns anzupassen. Dieses „Kennenlernen“ und die Anpassung an unsere Wünsche ist für uns KonsumentInnen bequem, aber wir liefern den dahinterstehenden Unternehmen dadurch ständig Daten und Informationen über unseren Alltag, unsere Gewohnheiten und unsere Vorlieben. Die Mikrophone der Sprachdienste sind ständig aktiv, um auf ihre Signalwörter „Siri“, „Alexa“ oder „OK Google“ reagieren zu können. Bei den zwei oben dargestellten Alltagsszenen sind die agierenden Unternehmen Amazon, Google und Apple.

Marktübergreifende Ökosysteme

Diese Technologie-Konzerne entwickeln ihre Unternehmen gezielt weiter, um immer neue Bereiche innerhalb des eigenen Konzerns zu schaffen. Amazon war ursprünglich eine Buchhandlung, mittlerweile ist der Internet-Riese der größte Onlinehandel und bietet nebenbei noch weitere Dienste wie eine Streamingplattform für Filme, Serien oder Musik, einen Clouddienst – also einen Internetspeicher für Privatpersonen – und Alexa, die Sprachsteuerung, für ein smartes Zuhause an. Ähnlich ist die Situation bei Google. Google ist quasi Monopolist bei den Internetsuchmaschinen, bietet neben einer Cloud auch Textverarbeitungs- und Tabellenbearbeitungsprogramme an und ist durch sein Tochterunternehmen Android auf vier von fünf Smartphones vertreten.

Diese Schaffung von marktübergreifenden Ökosystemen innerhalb eines Unternehmens macht uns stärker denn je zum gläsernen Menschen. In diesen marktübergreifenden Ökosystemen führen die Unternehmen die personenbezogenen Daten zusammen und erhalten dadurch innerhalb der digitalen Märkte eine enorme Macht. Sie werden auch zu Monopolisten der Daten. Diese Marktmacht, gepaart mit der Monopolstellung dieser Konzerne, hat weitreichende Folgen. Amazon, Google und Co. können gezielt durch die Kumulation der Daten Wettbewerbsvorteile ausnutzen. Darüber hinaus haben diese Konzerne bei Unternehmensübernahmen bisher Auflagen der Wettbewerbshüter ignoriert. Ein gutes Beispiel hierfür ist Facebook mit dem Kauf von WhatsApp. Laut den Wettbewerbsauflagen hätte Facebook die Applikation WhatsApp zwar kaufen, jedoch nicht die Datensätze verknüpfen dürfen. Durch eine Änderung der Geschäftsbedingungen hat sich Facebook nach dem Kauf kurzerhand Zugang zu diesen Daten verschafft.

Gefahr durch Bequemlichkeit

Nationalstaaten sind hierbei kaum in der Lage, gegen diese digitalen Riesen vorzugehen. Um die Marktmacht und deren Monopolstellung zu verringern, müssen europaweite - und noch besser internationale - Regelungen geschaffen werden. Ein erster Schritt wurde mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Europa bereits getan, jedoch müssen auch Wettbewerbsregelungen noch stärker an die digitalisierte Welt angepasst werden. Denn die Alltagsinnovationen wie Siri, Alexa und Co. sind praktisch und hilfreich, bergen aber die Gefahr, durch ihre Nutzung all zu viele Daten unbewusst preiszugeben.

Dieser Artikel ist Teil der BSA OÖ Serie „Innovation“. Weiter zu Innovation II: Smart City oder Innovation III: Smart Home.

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